wunder:voll
Eindrücke vom Camp 2021
Atemholen
„Traurigsein ist etwas Natürliches. Es ist wohl ein Atemholen zur Freude.“
Paula Modersohn-Becker
von Katja
Noch im Februar hätte keine von uns geahnt, wie sich der Alltag für uns alle ändern würde. Wie rasch sich Viren und Nachrichten verbreiten, Fake News viral gehen und gefühlt nichts mehr ist, wie es war; die anfängliche Jagd nach Desinfektionsmitteln, Klopapier und Nudeln Kopfschütteln oder bange Furcht auslöst; wie sich Einsamkeit anfühlt; wie man Mundschutz aus Geschirrtüchern näht, Homeschooling und Homeoffice logistisch verbindet, wie Bilder aus dem Fernsehen sich in die Seele brennen und wie nah einem doch die eigenen vier Wände rücken können, wenn man ihnen nicht entfliehen kann... Jede von uns könnte diese Liste beliebig fortführen. Von Zoom und Skype, Abstand und Anstand an der Supermarktkasse, geplatzten Urlauben und zerbrechlichen Existenzen, nackten Zahlen und bedeckten Gesichtern. Von denen, die uns fehlen, und denen, die uns brauchen, und unseren eigenen rastlosen Herzen, die die Stille so schlecht aushalten, und noch viel mehr. Eine verrückte Zeit!
Mit den Sommerferien und den gelockerten Reisebeschränkungen scheint sich die Erstarrung und Anspannung der letzten Monate für viele ein wenig zu lösen. Doch immer noch sind wir umgeben von Auflagen, und suchen im Gewirr der Eindrücke nach neuer Normalität. Werden wir uns je wieder ohne den auf 1,5 m geeichten inneren Abstandhalter begegnen können?
Ihr habt es sicher bereits gelesen, dass wir das geplante FrauenCamp schweren Herzens um ein Jahr auf den 08.-11. Oktober 2021 verschoben haben. Es wird im Flensunger Hof in Mücke/Hessen stattfinden. Um mit obigem Zitat zu sprechen, wird uns so ein tiefes „Atemholen zur Freude“ ermöglicht!
Um den Gefährtinnentag am 20 Juni haben wir zuerst noch gebangt, waren dann aber sehr froh, dass er unter den geltenden Hygienevorschriften in Marburg im ChristHaus stattfinden konnte.
9 Frauen haben sich einladen lassen, mit uns der Frage nachzugehen: was brauche ich, um mich als Teil eines Teams zu fühlen? Frauen aus unterschiedlichen Lebenshintergründen, die sich nur zum Teil kannten, aber eines gemeinsam hatten: Gemeinschaftshunger. Sehnsucht nach Begegnung, einander sehen, Verbindung spüren - miteinander und mit Jesus. Trotz seltsam veränderter Räume und der unsichtbaren Seifenblase, die jede von uns umgab und eine Astronaut-im Weltall-Atmosphäre der Unberührbarkeit hinterließ, war es gelungen, einen sicheren Ort zu schaffen, der es möglich machte, sich zu öffnen; Schönheit in den viel zu großen Raum zu schmuggeln, die den Augen des Herzens eine Oase bietet. Ob in der Vorstellungsrunde mit kraftvollen Bodenbildern, beim Mittagessen draußen im Biergarten des „Rotkehlchen“ - oder beim Gebet in Kleingruppen - ihr habt Euch gezeigt!
Der Autor Khalil Gibran drückt es so aus:
„Um das Herz und den Verstand eines anderen Menschen zu verstehen, schau nicht darauf, was er erreicht hat, sondern wonach er sich sehnt.“
Und wenn Herzen sich zeigen, Freundinnen - hat das so eine Kraft! Das war so spürbar, bewegend, verbindend Was habt ihr denn eigentlich den ganzen Tag gemacht? magst Du vielleicht fragen. Ziel dieses Tages war nicht, einen Plan aufzustellen und Aufgaben fürs Camp zu verteilen. Diese Zeit wird kommen. Doch an diesem Samstag ging es uns tatsächlich um Kennenlernen, Gemeinschaft haben, einander sehen, hören und segnen. Wir glauben, dass ein Team so viel mehr ist als eine zweckgebundene Arbeitsgemeinschaft, weil wir das miteinander Unterwegssein selber als so bereichernd empfinden. Inge hat das bereits in ihrem Beitrag über Gefährtenschaft (siehe nächsten Blogbeitrag) so treffend formuliert. Und so haben wir dazu eingeladen, sich untereinander zu vernetzen, über die reine Sachebene des Camps hinausgehend, in dem Maß wie jede das möchte und braucht, um sich als Teil des wunder:voll-Teams zu begreifen.
Einige der Frauen hatten schon Berührungspunkte mit den Ideen von wunder:voll, waren Teilnehmerinnen des Camps 2018 am Bodensee oder des Oasentags für Frauen im letzten Herbst in Marburg. Ihr habt bereits etwas gekostet von dem Schatz, der jeder Frau innewohnt und den Jesus so gerne entfesseln möchte, damit wir von ganzem Herzen befreit leben können.
Wir wünschen uns und Euch von Herzen, dass dieser Tag voller Gemeinschaft wie ein tiefer Atemzug sei, der uns erfrischt, aber gleichzeitig den Hunger nach mehr Gutem weckt.
Die gegenwärtige Zeit forderte, dass wir mit so viel Abstand auf unseren Stühlen saßen, dass der Kreis nicht geschlossen war. Was sich für mich zuerst zerrissen und einsam anfühlte, wurde aber zu einem starken Symbol für die Möglichkeiten, die noch offen sind. Wunder:voll ist kein geschlossener Zirkel! Die leeren Zwischenräume bieten Platz für weitere Frauen! Und unser Kreis möge nicht der einzige bleiben! Im ganzen Land und darüber hinaus wird Gott Frauenherzen bei ihrer Sehnsucht rufen und in ihre Bestimmung führen.
Lassen wir uns durch diese besondere Zeit stören in dem, was uns gewohnt und vertraut ist, um innezuhalten und Gottes Herzschlag zu hören. Um uns von ihm auf unsere Ängste, unser Hamsterrad, die Überforderung, schwindende Sicherheiten und die Sehnsucht nach realen Begegnungen ansprechen zu lassen. Damit wir uns neu unserer Identität bewusst werden, die uns von Jesus zugesprochen wird. Er möchte uns real begegnen, ohne Maske und Sicherheitsabstand. Das zu erleben, ist eine Kernidee von wunder:voll, und sie beginnt in meinem und deinem Herzen.
Du möchtest informiert bleiben über wunder:voll? Oder fragst dich, ob dein Platz im Team für das Camp 2021 sein könnte? Dann habe Mut, uns zu schreiben: [email protected]
Gefährtinnen
Als Frauen können wir uns gegenseitig auf eine besondere Art in unserer Weiblichkeit stärken, uns zu unserer ganz eigenen Rolle in der Welt ermutigen.
von Inge
Gefährtenschaft
Ich hab genug
Genug davon, immer zu verlieren
Ich habe versucht, dein Feuer aufzuhalten
Es hat sich herausgestellt: Es gelang mir nicht
Ich hab genug
Genug davon, mich dem Wettbewerb zu stellen
Ich habe versucht, dich zu unterdrücken
Aber, Kleines, du hast einfach weitergeatmet
Als du sagtest, du wolltest die Welt erobern
Sagte ich auch, dass du es nicht schaffen würdest
Du gingst direkt neben mir
Doch ich habe dir keinen Raum gelassen…
Ich seh Flammen in deinen Augen
Mensch, sie brennen so hell
Verstecke es nicht,
Schwester, Schwester, Schwester…
Dieses Lied „Sister“ war im letzten Jahr 2019 unser Beitrag bei der Eurovision.
Es hat nicht gewonnen, hat mich aber zutiefst berührt.
Zwei Frauen singen sich zu, zermürbt vom Kampf gegeneinander, von Konkurrenz und Neid, einig in dem Wunsch, sich als Schwestern gegenseitig zu ermuntern, das Feuer in der anderen leuchten zu sehn. Die andere nicht als Konkurrentin, sondern Weggefährtin zu sehn.
Danach sehne ich mich von Herzen. Dieses Miteinander hat Potential, die Welt zu verändern.
Seit 2015 sind wir vier Frauen von Wunder:voll gemeinsam als Gefährtinnen unterwegs.
Zahlreiche Wochenenden, in denen jede ihre Gabe einbringt, wir miteinander auf Gott und einander hören, einander sagen, was wir in der anderen sehen, etwas in Existenz sprechen, was die andere vielleicht noch nicht sehen kann. Über das Land verteilt skypen wir regelmäßig, geben Anteil über Siege und Niederlagen unseres Lebens, beten miteinander. In unserer Unterschiedlichkeit ergänzen wir uns und fordern uns heraus. Jede von uns hat ihren Platz und nimmt ihn immer wieder ein. Diese Verbindlichkeit kostet uns etwas: Zeit, Energie, Ehrlichkeit, Hingabe. Sie ist aber auch ein riesiges Geschenk und die Grundlage von unsrer Arbeit Wunder:voll. Wir wollen anderen Frauen Lust auf ein solches Miteinander machen.
Unsere Vision ist es, Leuchtfeuer im ganzen Land zu sehen, in denen Frauen gemeinsam ums Feuer sitzen und einander am Leben Anteil geben.
Als Frauen können wir uns gegenseitig auf eine besondere Art in unserer Weiblichkeit stärken, uns zu unserer ganz eigenen Rolle in der Welt ermutigen.
So habe ich es nach unsrem Camp 2018 erlebt: gestärkt von 80 Frauen hinter mir, der Erfahrung von Frauen, die über sich selbst hinausgewachsen sind, ihren Platz eingenommen haben und ihrer Sehnsucht gefolgt sind, bin ich voller Energie in meinen Alltag zurückgekehrt. In den Alltag, in meinem Fall als Sozialpädagogin im Betreuten Wohnen suchtkranker Männer, also einer männerdominierten Welt. Ich konnte dort ganz neu meine Frau stehen in dem Bewusstsein, mit meiner Weiblichkeit etwas bieten zu können, etwas zu bringen, was die Welt dringend nötig hat.
Es geht nicht darum, als Frauen unter uns zu bleiben, sondern einander zu stärken und inspirieren, um dann in unseren Ehen, Familien, Gemeinden, Leben unsere unverzichtbare Rolle zu spielen.